Das Album der  belgisch-britischen Musikerin Natacha Atlas ist ein häufig zitiertes Beispiel für den Versuch der Verklanglichung existenzieller Erfahrungen (post-)kolonialer Lebenswelten: Migration, Zerstreung, Fremdheit, Hybridität oder Tradition sind nur einige Konzepte, die hier, beispielsweise im ebenfalls mit “Diaspora” betitelten Track, hör- und lesbar werden. Und das nicht nur im Hinblick auf die meist in arabischer Sprache geschriebenen Texte, sondern auch auf den musikalischen Ebenen, also in der Produktion der Sounds sowie dem Arrangement der verschiedenen Spuren.

Der hier verwendete Begriff der Diaspora geht dabei weit über seine ursprüngliche Bedeutung als Bezeichnung eines unfreiwilligen, multi-lokalen Exils jüdischer Menschen hinaus und in Richtung eines generellen”(Über-)Lebens als ethnische oder kulturelle Gemeinschaft in der Fremde.”

Einen guten Überblick zu Verwendungsgeschichte(n) und Moden des Konzepts gibt hier beispielsweise das Buch von Diaspora. Eine kritische Begriffsgeschichte. von Ruth Mayer (2005).

Der zeitgenössische, elektronische Sound von Natacha Atlas, maßgeblich mitproduziert vom Londoner Musiker*innen Kollektiv Transglobal Underground, ist dabei keine, explizit zu Widerstand oder Herrschaftskritik auffordernde Musik des Protests. Vielmehr werden hier Erfahrungen musikalisch umkreist, zitiert und ästhetisch produziert. Ein Buch, das sich u.a. mit der Beschreibung jenes musikalischen “Umkreisens” postkolonialen Wissens beschäftigt, haben wir an dieser Stelle kurz vorgestellt.

Natacha Atlas, 1995: Diaspora

Ruth Mayer 2005: Diaspora. Eine kleine Begriffsgeschichte. Bielefeld: Transcript.

Falls ihr keinen unterstützenswerten Buchladen bei euch in der Nähe habt, könnt ihr das Buch auch bei dem alternativen non-profit Online-Buchladen links-lesen.de kaufen, der mit dem Gewinn politische Projekte unterstützt. Den Link zum Buch findet ihr hier.

 

 

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