Nachdem ein Schwarze Trans* Person im Stadtbad Neukölln (Berlin) von anwesenden Badegästen diskriminiert worden war, hat die Initiative Schwarze Menschen (ISD) Bund e.V. einen Offenen Brief an das Stadtbad Neukölln sowie die Berliner Bäderbetriebe gerichtet:

Entsetzt über den Umgang mit einer Schwarzen Trans* Person im Stadtbad Neukölln am 03.11.2015

Am Dienstag, den 03.11.2015 besuchte eine Schwarze Trans* Person um 11 Uhr in Begleitung einer Person das Stadtbad Neukölln. Beide Personen entschieden sich entsprechend ihrer Positionierung, aber auch, weil keine anderen Möglichkeiten vorhanden sind, den Frauenbereich der Umkleidekabinen zu nutzen. In der Umkleidekabine kam es zu sich wiederholenden und erheblichen An- und Übergriffe durch anwesende Badegäste.

Es handelte sich hierbei um die Erzieherin einer Kita-Gruppe, welche das Stadtbad Neukölln ebenfalls nutzte. Die Schwarze Trans* Person wurde von der Erzieherin darauf hingewiesen, sich in der “falschen” Umkleidekabine zu befinden und aufgefordert, diese umgehend zu verlassen. Nachdem die Schwarze Trans* Person sich gegenüber der Erzieherin mehrmals positionierte und auf ihr Recht, sich in dieser Umkleidekabine aufzuhalten und diese nutzen zu dürfen, aufmerksam machte, wurde sie von der Erzieherin körperlich daran gehindert die Tür der Einzelumkleidekabine zu schließen. Die Erzieherin begann des weiteren die Schwarze Trans* Person zu beleidigen, zu beschimpfen und anzuschreien. Darüber hinaus wurde die Schwarze Trans* Person von der Erzieherin immer wieder als „junger Mann“ bezeichnet und als eine Gefährdung für die anwesenden Kinder dargestellt, was zu keinem Zeitpunkt gegeben war, da diese lediglich versuchte, das Angebot des Schwimmbades zu nutzen.

Nach dem Hinzuziehen der Badleitung, ließ diese die Schwarze Trans* Person und deren Begleitperson von zwei Angestellten des Stadtbads Neukölln aus dem Frauenbereich führen. Es folgte ein Gespräch mit der Badleitung in Anwesenheit des Badpersonals, in dessen Verlauf die betroffene Person immer wieder auf die vorhergegangene und durch die Badleitung anhaltende Diskriminierung ihrer Person sowie auf geltende Gesetze, im Besonderen auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, hinwies. Diese Hinweise wurden von dem Personal mit der Begründung ignoriert, dass diese Gesetze absurd seien und im Stadtbad Neukölln „andere Gesetze“ herrschten. Die Anwesenheit der betroffenen Person wurde von der Badleitung als „Störung des öffentlichen Badebetriebs” bezeichnet und infolge dessen, wurde der Person der Zugang zum Frauenbereich der Umkleidekabinen endgültig untersagt. Erst nach weiteren Verhandlungen wurde es der betroffenen Person gestattet, ihre persönlichen Gegenstände, unter Aufsicht der Badleitung aus der Umkleidekabine zu holen.

Da die betroffene Person sich noch immer in Badekleidung befand, wurde ihr angeboten sich entweder im Männerbereich der Umkleidekabinen oder in der Toilette für Menschen mit Behinderungen umzukleiden. Die Badleitung identifizierte die betroffene Person im Verlauf des Gesprächs fortlaufend gewaltvoll als männlich, indem sie auf für sie „offensichtliche“ Körperlichkeiten verwies. Ebenfalls war diese erst nach wiederholtem Nachfragen bereit, der betroffenen Person ihren Namen zu nennen. Letztlich wurde der betroffenen Person der Zugang zur Badeeinrichtung verwehrt, da es keine Möglichkeit zur Nutzung der Umkleideräumlichkeiten für diese gab.

Bereits am Dienstag, den 27.10.2015, ereignete sich ein ähnlicher Vorfall mit der betroffenen Person und einer anderen Erzieherin derselben Kita-Gruppe. Auch bei diesem Vorfall wurde die betroffene Person von der Erzieherin unter Anwesenheit der Kinder massiv beleidigt und diskriminiert. Die betroffene Person entzog sich der damaligen Situation und setzte ihren Besuch im Stadtbad fort.

In beiden Fällen gaben die Erzieherinnen weder ihre Namen noch den Namen der Einrichtung preis.

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. (ISD) ist entsetzt über die derartige Diskriminierung einer Schwarzen Trans* Person durch die Badleitung des Stadtbad Neukölln, als eine Repräsentantin einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Wir werten das Vorgehen der Badleitung als Verstoss gegen geltende UN-Menschenrechtskonventionen, das Grundgesetz sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Ein Hinwegsetzen der Badleitung über geltende gesetzliche Bestimmungen, die dem Schutz von marginalisierten Gruppen dienen, ist nicht tragbar und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die widerrechtliche Entfernung einer Person aus den Umkleidekabinen sowie letztlich aus dem Stadtbad Neukölln, welche lediglich versucht am öffentlichen Badebetrieb teilzunehmen, kann auch zivil- sowie strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Wir verurteilen es zutiefst, dass die Schwarze Trans* Person als Opfer eines Angriffes nicht als solches behandelt wurde, sondern diese aufgrund ihrer bloßen Anwesenheit als Täter_in verhandelt wurde, mit einschüchternden Maßnahmen aus der Umkleidekabine entfernt wurde und im Verlaufe des Gesprächs mit der Badleitung weiterhin massiv diskriminiert worden ist.

Die ISD erwartet eine sofortige Stellungnahme der Badleitung des Stadtbad Neukölln, sowie des Vorstands der Berliner Bäder-Betriebe, in welcher eine klare Entschuldigung an die betroffene Person formuliert ist. Darüber hinaus fordern wir eine eingehende Schulung des Personals der Berliner Bäder-Betriebe in Bezug auf Antidiskriminierungsgesetze und Geschlechteridentitäten. Wir erwarten, dass Sie in allen Ihren Einrichtungen Maßnahmen ergreifen, die zukünftig eine Teilhabe von Personen verschiedener Geschlechteridentitäten am öffentlichen Badebetrieb ermöglicht. Ebenso erwarten wir von Ihnen die Ergreifung von Maßnahmen zum Schutz dieser Personen gegenüber An- und Übergriffen von Badegästen und dem Personal.

Wir sind empört über die Nichteinhaltung von Menschenrechten und halten Sie an, dafür Sorge zu tragen, dass diese in allen Ihren Einrichtungen gewahrt werden.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Vorstand

ISD Bund e.V.

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