“Reißen wir uns von den Wurzeln los, die uns mit jeder Art von Herrschaftsform verbinden.”- unter diesem Motto erschien zwischen 1995 und 2000 die selbstverwaltete Zeitschrift “von/an MigrantInnen”, “KÖXSÜZ”. Ihr Titel stand, schreiben die ehemaligen Herausgeber*innen in einem Selbstverständnis, dabei stets besonders in der Kritik:

“Schon nach der ersten Ausgabe hatten wir mit den Kritiker_innen zu tun, die ihre bisherigen Wurzeln (nationale oder religiöse Identitäten) verteidigten oder auf der Suche nach neuen Wurzeln waren. Viele Menschen aus dem linken Spektrum fühlten sich durch diesen Namen provoziert und angegriffen. Mit dem Inhalt der Zeitschrift beschäftigten sich wenige aus diesem Spektrum. Vor allem Leute, die auf Identitätspolitiken fixiert waren, fragten uns „schön und gut, aber warum „köXüz“ (köksüz – wurzellos), alle Menschen haben doch Wurzel…“

Ins Leben gerufen wurde die Zeitschrift Anfang der 1990er Jahre als Plattform zur “Selbstorganisation” und zur “Selbstverteidigung” von verschiedenen Migrant*innengruppen aus dem Raum Bremen, Oldenburg und Hamburg. “KÖXSÜZ” erscheine, so versprach es stets ein Hinweis zu Beginn der Ausgabe, als “mindestens 2, höchstens X sprachige Zeitschrift”. In den meisten Fällen bedeutete dies Artikel sowohl in türkischer als auch deutscher Sprache. Bewusst wenden sich die Macher*innen in ihrer Selbstdarstellung gegen die Idee eines “multikulturellen Blattes”, welches “irgendwelche Forderungen, wie z. B. ‘Wahlrecht’ oder ‘doppelte Staatsbürgerschaft’ an den deutschen Staat und die Mehrheitsgesellschaft” richtet. Vielmehr soll “die köXüz (…) in erster Linie denjenigen Migrantinnen und Flüchtlingen eine Stimme verleihen, die sich als handelnde Subjekte begreifen und in diesem Sinne gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus kämpfen. Wir sind parteiisch für diejenigen Menschen, die jede Art von Herrschaft bekämpfen und abhängig von denen, die eine solche Zeitung für nötig halten. Diese Abhängigkeit setzt eine absolute Unabhängigkeit von jeglicher staatlicher Seite voraus. Daher haben wir uns von Anfang an gegen eine Finanzierung durch staatliche Mittel entschieden.”

Erfreulicherweise können alle dreizehn “KÖXSÜZ”-Ausgaben im Online-Archiv der Zeitschrift kostenfrei gelesen und heruntergeladen werden. Hinweisen möchten wir in diesem Zusammenhang noch auf Ceren Türkmens Artikel “Gastarbeitergeschichte zwischen Migrationsregime, Staat und kommunaler Befreiung”, erschienen in der glokal-Publikation “Connecting the Dots. Lernen aus Geschichte(n) zu Unterdrückung und Widerstand.”

“Köksüz”, schreibt Ceren Türkmen hier, “bedeutet im Türkischen ‘wurzellos’. Allerdings ersetzen die Herausgeber*innen das ‘K’ mit einem ‘X’, und beziehen sich damit auf Malcom X und die militanten Schwarzen Kämpfe in den USA.”

Comments are closed.